Endlich selber Züge fahren!

Stefan hat sich von seinem Bürojob verabschiedet und bei uns im Januar 2018 die Ausbildung zum Triebfahrzeugführer (Tf) begonnen. Wir fragen ihn, was er seitdem erlebt hat.

Stefan, wie bist du auf die Idee gekommen, Triebfahrzeugführer (Tf) zu werden?
Manche können sich das vielleicht nicht vorstellen, aber ich habe seit meiner Kindheit eine große Begeisterung für Züge. Damals bin ich immer mit dem Zug zur Schule gefahren und habe beim Tf nachgefragt, ob ich vorne im Führerstand mitfahren kann. Das war für mich sehr faszinierend.  Und ja, natürlich hatte ich als Kind auch eine Modelleisenbahn.
Nach dem Abitur habe ich aber erstmal einen anderen Weg eingeschlagen und habe nach meinem BWL-Studium im kaufmännischen Bereich gearbeitet. Im letzten Jahr kam ich dann an einen Punkt der Neuorientierung und habe zum ersten Mal mit dem Gedanken gespielt, Triebfahrzeugführer zu werden.

Das war ja dann bestimmt ein großer Schritt für dich?
Ja, auf jeden Fall! Diese Entscheidung ist mir auch nicht leicht gefallen. Bei meiner Recherche habe ich häufig die dreijährige Gesamtausbildung zum Eisenbahner im Betriebsdienst gefunden, die für mich aufgrund der Dauer aber nicht in Frage kam. Deswegen war ich sehr froh, als ich bei der nordbahn die Möglichkeit der neunmonatigen Qualifizierung zum Tf entdeckt habe. Meine Freunde haben mich darin bestärkt, das zu verfolgen, was mir Spaß macht, sodass ich meine Bewerbung letztendlich abgeschickt habe. Zum Glück, denn ich habe es bisher noch keine Sekunde bereut!


Wie ist die Ausbildung genau aufgebaut?
Die Ausbildung startete mit einem circa viermonatigen Theorieteil bei dem metronom in Uelzen. In diesem Theorieteil wird allgemeines Eisenbahnwissen vermittelt, wie zum Beispiel das Eisenbahnregelwerk, diverse Bremsvorschriften und die Signalkunde. Das Schöne war, dass uns von der nordbahn WG-Wohnungen in der Nähe von Uelzen gestellt wurden. Dadurch hatte man einen kurzen Fahrweg und gleichzeitig nette Mitbewohner, mit denen man Themen durchgehen oder sich gegenseitig abfragen konnte.
Der zweite Teil der Ausbildung erfolgte dann bei der nordbahn in Hamburg und wir haben endlich den Triebwagen, unseren Flirt, kennengelernt. Circa einen Monat lang erhielten wir intensive Fahrzeugkunde, danach begann der praktische Teil.

„Nach der ersten Schicht war ich sehr erschöpft, aber auch glücklich, dass ich endlich selber gefahren bin.“

Dann durftest du also endlich selbst ans Steuer?
Ja, genau! Man bekommt einen erfahrenen Tf als Praxisausbilder an die Seite gestellt, der einem Anweisungen gibt und gegebenenfalls direkt eingreift. Trotzdem sitzt man ab der ersten Fahrstunde selbst am Steuer, was am Anfang schon sehr aufregend war. Man kennt zwar die einzelnen Elemente des Führerstands und die unterschiedlichen Signale, aber wenn man alles parallel bedienen muss, ist das ziemlich viel auf einmal. Nach der ersten Schicht war ich  sehr erschöpft, aber auch glücklich, dass ich endlich selber gefahren bin. Die Aufregung verfliegt glücklicherweise sehr schnell. Nach zwei Monaten Fahrpraxis bin ich schon wesentlich routinierter geworden und kenne die unterschiedlichen Gegebenheiten der Strecke.

Jetzt stehst du kurz vor der großen Fahrprüfung. Ist das die einzige Prüfung, die du während der Ausbildung leisten musst?
Nein, zwischendurch gibt es immer mal kleinere Prüfungen, aber die größte Hürde war die Betriebsdienstprüfung nach vier Monaten. Die ist sehr anspruchsvoll, weil das gesamte Wissen aus der Theorieausbildung abgefragt wird. Am Ende der Praxisphase kommt dann die große Abschlussprüfung. Die besteht aus einer schriftlichen und mündlichen Fahrzeugprüfung sowie einer Prüfungsfahrt. Das kann man sich ungefähr so vorstellen, wie die Führerscheinprüfung für ein Auto.


Jetzt bist du ja schon seit einigen Wochen im Schichtdienst unterwegs. Wie kommst du mit dieser Umstellung zurecht?
Das war mir vorher klar, dass das nicht leicht wird. Insbesondere die Wechsel von Früh- zu Spätschichten und umgekehrt erfordern viel Umgewöhnung. Als ich zum Beispiel meine erste Frühschicht hatte, habe ich mich am Abend davor um fünf Uhr ins Bett gelegt. Aber es war hell und sommerlich warm und natürlich konnte ich nicht schlafen. Mittlerweile schlafe ich lieber nachts eine Stunde weniger und lege mich dafür am nächsten Tag nach der Schicht nochmal hin. Aber da muss jeder für sich den richtigen Weg finden, um mit den Schichtwechseln zurecht zu kommen.
Allerdings ist es auch ein tolles Gefühl, wenn man beispielsweise schon mit der frühesten Schicht um 2:20 Uhr startet und noch im Dunkeln die Züge vorbereitet. Dann beginnt man seine Fahrt und sieht wie die Sonne langsam aufgeht. Das sind besondere Momente. Außerdem ist es super, wenn man die letzten Pendler gegen neun Uhr zur Arbeit bringt und man selbst gleich Feierabend hat. Die anderen sitzen im Büro und du hast das Schwimmbad oder die Geschäfte für dich. Das ist auch ein großer Vorteil.

Als angehender Tf sollte man sich also auf die Schichtarbeit einstellen können. Was sollte man darüber hinaus noch an Eigenschaften mitbringen?
Verantwortungsbewusstsein ist auf jeden Fall sehr wichtig und man sollte aufmerksam und strukturiert arbeiten. Um sich das ganze theoretische Wissen aneignen zu können, ist es natürlich hilfreich, wenn man Technikaffinität mitbringt. Außerdem sollte man gut mit Menschen umgehen können. Das ist einerseits wichtig im Umgang mit den Fahrgästen, aber auch im Umgang mit den Kollegen ist kooperatives Verhalten sehr wichtig.

„Ich freue mich einfach, wenn die Fahrgäste sich bei mir an Bord wohlfühlen und alle glücklich und pünktlich ans Ziel kommen.“

Was ist bisher für dich das Schönste an dem Tf-Beruf?
Ich darf Züge fahren! Klingt lustig, aber es ist so. Ein besonders schönes Erlebnis ist es für mich, wenn bei einer Fahrt alles rund läuft. Beispielsweise bremse ich gerne sanft in die Bahnhöfe ein und wenn mir das gelingt, dann bin zufrieden. Es macht mir auch Spaß mit den Fahrgästen zu kommunizieren, entweder direkt oder über das Mikro. Ich freue mich einfach, wenn die Fahrgäste sich bei mir an Bord wohlfühlen und alle sicher und pünktlich ans Ziel kommen.